Musikpreis 50+
Der „Musikpreis 50+“ des Deutschen Musikrates wurde im Jahr 2007 anlässlich des Kongresses „Es ist nie zu spät – Musizieren 50+“ in Kooperation mit dem Hessischen Rundfunk, hr4, zum ersten Mal ausgeschrieben worden.
Die bundesweite Ausschreibung des Musikpreises 50+ hat dazu beitragen, das Engagement für diese Themen über den Kongress hinaus zu fördern. Ausgezeichnet wurden herausragende Beispiele für gemeinsames Musizieren ab dem 50. Lebensjahr und intergenerationelles Musizieren.
Endlisch Musigg gewinnt doppelt
Neben dem ersten Preis für „Musikvermittlung 50+“ wird auch der Sonderpreis einer Meinl-Tuba in der Kategorie „Musizieren 50+ im Laienensemble“ dem Endlisch Musigg Orchester zuerkannt.
Laudatio Preisverleihung „Musikvermittlung 50+“:
Vergabe in der Kategorie 2: Musikvermittlung 50+ durch Jurymitglied Prof. Dr. Hans Bäßler
Im Vergleich zu klassischer Musik kennt die Populäre Musik im Regelfall recht einfache, klare kompositorische Gesetze. Das ist ein ganz wichtiger Wesenszug mit allen Vor- und Nachteilen. Zu den Vorteilen gehört auch, dass man in Populärer Musik auf Aktuelles schneller reagieren und damit einen individuellen Ausdruck finden kann.
Allerdings kann man natürlich trotz der Regel-Flexibilität nicht einfach drauf los spielen im naiven Glauben, es würde schon gute Musik erklingen. Man muss auch bei Populärer Musik die Qualitätsfrage ansprechen. Denn: Es gibt gute und weniger gut geschriebene Populäre Musik. Das heißt dann aber auch: Man kann, nein: man sollte z.B. Pop- und Rockmusik auch unterrichten; denn sie ergibt sich, jedenfalls in ihrer anspruchsvollen Form nicht von allein! Sie muss ver-mittelt werden. Und allein das ist ein hoher Anspruch, weil die Vermittler nicht nur mit ein paar Tipps oder einigen motivierenden Bemerkungen aufwarten sollten, sondern überhaupt erst mit ihrem eigenen Vorbild und ihrem eigenen Musizieren Maßstäbe setzen für diesen Prozess der musikalischen Vermittlung.
Gerade weil das Heranführen an die Populäre Musik mit ihrer stilistischen Vielfalt eine Herausforderung darstellt, die u.U. quer steht zu dem Bemühen um individuelle Freiheiten und Eigenheiten, braucht es auch hier fachdidaktisch geschulter Vermittler. Und daran fehlt es in Deutschland in besonderem Maße. Unsere Musikhochschulen versagen genau an diesem Punkt - wie überhaupt die Frage nach einer differenzierten Vermittlung von Musik nicht ausreichend gestellt wird. Und dies gilt sowohl im Hinblick auf die musikalischen Genres wie im Hinblick auf die Adressaten. In der öffentlichen Debatte um die Musikpädagogik haben wir uns sowieso angewöhnt, nur die Kinder und Jugendlichen im Auge zu haben. 50+ ist im Fach Musikpädagogik fast immer eine unbekannte Größe.
Das „Beginnerorchester“ Endlisch Musigg ist ein in jeder Hinsicht außergewöhnliches Unterfangen. In nur wenigen Monaten erlangen Menschen im Alter von 17 bis 65 Jahren unter professioneller Anleitung von Andreas Zöller auf verschiedensten Instrumenten ausreichende Fähigkeiten, um gemeinsame Konzerte zu geben und einen Qualitätsanspruch einzulösen.
Rentner, die noch anfangen, ein Instrument zu lernen und dann generationenübergreifend musizieren: Mit dieser Initiative werden des Deutschen Musikrats kühnste Träume wahr. Wahrlich ein Leuchtturm-Projekt. Angefangen haben die frischgebackenen Musiker übrigens mit klassischer Musik, sind aber schnell auch zu anderen Genres übergegangen. Geehrt werden sie in dieser Kategorie auch dafür, dass sie in vieler Hinsicht offen sind. Dass man sich in jedem Alter eine Offenheit gegenüber den jeweils jüngeren bzw. älteren und auch gegenüber den verschiedensten Musikstilen und Lebenswelten bewahren kann, das beweist dieses Projekt.
Ich möchte sagen: „Endlisch!“ Und dafür wird es mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Ich darf Herrn Andreas Zöller auf die Bühne bitten, um den Preis entgegenzunehmen.
Laudatio zum Sonderpreis „Musizieren 50+ im Laien-Ensemble“:
von Jurymitglied Gerhard A. Meinl (Vorsitzender des Bundesverbandes der deutschen Musikinstrumenten-Hersteller)
Das Wort „Dilletant“ war ursprünglich positiv belegt. Es stammt nämlich vom italienischen „dilettare“, „sich vergnügen“. Da das heut nur noch wenige so sehen, hört man leider viel zu oft Sätze wie: „Ich kann nicht singen.“ oder „Ich bin unmusikalisch.“ Manchmal könnte man meinen, im ganzen Land ginge die falsche Angst um, ein musikalischer Dilettant zu sein. Doch ist das wirklich im ganzen Land so? Nein! Viele kleine Projekte und Ensembles von Laien leisten eine tolle Arbeit und zeigen uns:
Jeder kann singen und jeder kann ein Instrument erlernen. Man muss nicht wie Maria Callas singen oder wie Jimi Hendrix Gitarre spielen können, um schöne Musik zu machen. Deutschlandweit fehlt es zwar in der Breite am Mut zu musizieren und das ist sehr traurig. Man soll aber nicht klagen, sondern sich lieber an dem bereits Erklingenden erfreuen und daran arbeiten, dass wieder mehr Menschen zum Instrument greifen. Ich denke die Laienmusik hat hier noch ein ungeheures Potential. Und wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben, dass wieder mehr Menschen das wahre Dilettieren, das Vergnügen am Musizieren, kennen lernen.
Es ist mir eine große Freude, hier einen ganz besonderen Preis überreichen zu können an eine Initiative, die diese Hoffnungen beispielhaft aufrechterhält. Ein Preis, der unsere Ziele und Bemühungen vergegenständlicht. Konkreter kann Musikförderung nicht ausfallen.
Der Preis soll konkret aber auch symbolisch ein Anreiz sein, sich weiterhin und noch mehr darum zu bemühen dass auch bisherige Laien egal welchen Alters die Lust am Musizieren entdecken. „Musik - aber nur mit Spaß“ – Dilettieren ist etwas wunderbares, meine Damen und Herren. Musik machen um ihrer selbst Willen, zur Freude.
Die Jury hat sich entschieden, den Sonderpreis „Musizieren 50+ im Laienensemble“ an „Endlisch Musigg“ zu vergeben. Dafür, dass die Mitglieder dieses Ensembles zeigen, wie wenig dilettantisch im heutigen Sinne Laien-Musik ist, und das es vielmehr einfach nur eines ist: Eine tolle Sache!
Es freut mich nun erneut Herrn Andreas Zöller nach vorne bitten zu dürfen.