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50. Weihnachtskonzert der 08er: „Kopfkino“ uraufgeführt

Die Konzertkritik aus der Offenbach Post vom 19. Dezember 2017 von Manfred Meyer über unser diesjähriges Weihnachtskonzert möchten wir unseren Lesern nicht vorenthalten:

Beim 50. Weihnachtskonzert des Musikvereins Viktoria 08 Ober-Roden war die Kulturhalle einmal mehr seit Wochen ausverkauft. Entsprechend hoch waren die Erwartungen des Publikums. Wer jedoch eine glamouröse Gala erwartet hatte, wurde überrascht. Programmgestalter Dieter Weis setzte mehr auf Nachdenklichkeit, Introspektion, Getragen- und Gediegenheit und Klangkultivierung.

Dieter Weis dirigiert das Große Blasorchester (© mecora)

Dieter Weis dirigiert das Große Blasorchester (© mecora)

Heikel ging’s los, mit einzelnen Instrumenten und -gruppen. Und das ausgerechnet zum Konzertauftakt, wenn die Anspannung der Ausführenden noch groß ist. Wenn unreine Töne und wackelige Einsätze noch gerichtet werden müssen. Wofür sich etwa Tutti-Fanfaren eigenen, um sich frei zu spielen. Alles wird gnadenlos hörbar bei Stücken mit tröpfelndem Beginn. Die Viktorianer fanden sich zügig zusammen, zu Ouvertüre-Höhepunkten aus Richard Wagners „Rienzi - Der Letzte der Tribunen“, und gingen auf in einem warmen, ausgeglichenen Gesamtklang. Und das war die nächste Überraschung.

Wer den Orchestersound von früher noch in den Ohren hat, brachial mitunter, mit gewaltigen Ausschlägen, hörte nun etwas anderes. Dieter Weis fügte die Abteilungen seines Ensembles immer wieder zu einem ausgewogenen, homogenen, weichen, niveauvollen, ja, perfekten Klangbild zusammen. Nichts und niemand stach heraus. Auf Wagner folgte Thomas Doss’ „Snow White“, eine Fantasie nach dem Märchen „Schneewittchen“. Das Werk - mit ein paar kleinen Längen und da und dort etwas blass - kommt da am besten, wo es, transparent instrumentiert, gleichsam hüpft. In der Ausführung: hinsichtlich Wagner mit einer Schippe drauf auf der Qualitätsskala nach oben.

Dirigent Weis richtete es ein, dass auch das nächste Stück kompositorisch und interpretatorisch eine Steigerung darstellte. Szenen aus dem Schwarzwald, „Silva Nigra“, von Markus Götz, der im Laufe seiner Lehrzeit als Komponist auch Workshops bei Thomas Doss besuchte. Die Gänsehaut-Momente hier: der wunderschöne und genauso dargebrachte choralartige Teil, dessen Coda von den Musikern schließlich gefühlvoll gesungen wurde.

Ein Interview auf der Bühne leitete den Höhepunkt des Abends ein: die Uraufführung des von den Viktorianern in Auftrag gegebenen „Kopfkinos“. Moderator Norbert Rink befragte Thiemo Kraas zu seinem Werk, das der Schöpfer im Anschluss selbst dirigierte - und zwar höchst elegant. Die Teile des Stücks sind nach den Tasten des Kassettenrekorders benannt - und es hat auch eine Art „Radioteil“. Dabei wird, bildlich gesprochen, am Radioknopf gedreht und ein Sender gesucht. Wie sowas einst tönte, macht die Kraas-Komposition hörbar. Eine schöne Idee. Die Auftraggeber bildeten diesen Part des gelungenen, stellenweise rhythmisch recht vertrackten Kraas-Werks perfekt ab - tadellos das komplette „Kopfkino“. Ein Sahnehäubchen war das Marimbaphon/Xylophon/Glocken-Spiel.

Thiemo Kraas dirigiert die Uraufführung von „Kopfkino“ (© mecora)

Thiemo Kraas dirigiert die Uraufführung von „Kopfkino“ (© mecora)

Das „Kopfkino“ war kürzer als vermutet. Ebenso, am Ende des Konzerts, „Mentis“, die Adventsfantasie von Thiemo Kraas. Als Zugabe folgte das obligatorische Weihnachts-Special der Viktorianer, „In heil’ger Nacht“.

Die zweite Halbzeit hatten sie mit Werbung für die soeben erschienene CD „1000 Takte Blasmusik“ begonnen. Darauf sind die Ober-Röder u. a. mit Steven Reinekes „Sedona“ vertreten, das sie in der Kulturhalle live zum Besten gaben. Dem schlossen sich Musical-Höhepunkte aus „Mary Poppins“ und ein „Aladdin“-Medley an, bei dem das Weis-Orchester tüchtig groovte. Es hatte es auch bis hierhin geschafft, sich stetig zu steigern.

Das beglückende Schmankerl nach der Pause war Billy Joels „Root Beer Rag“ - in der Viktoria-Version für Orchester und eine neunköpfige 08-Saxophon-Section: geschmeidig, tänzelnd, elegant, kultiviert, hörenswert.

Hintergrundinformation: Das Konzertprogramm im Überblick

Quelle: Offenbach Post vom 19.12.2017



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Kommentare

Andreas 28. Dezember 2017 um 18:30

Einen weiteren Bericht über das Konzert mit anderem Foto gibt es übrigens heute in der Stadtpost Rödermark: https://www.stadtpost.de/system/files/flipbook/epaper/49347/roedermark-post_vom_28.12.2017_S3.pdf

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